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Samhain

Samhain kann als Fest des Abschieds und des Loslassens verstanden werden. Es findet für Viele am 31.10. eines Jahres statt.

Mythologisch steht es (analog zu Beltane) für den Zeitpunkt, an dem die Grenzen zwischen Diesseits und der sogenannten“Anderswelt“ 1 verschwimmen. So soll in dieser Nacht der Kontakt zu den Toten, zu Göttern und auch zu anderen Wesen möglich sein.

Im Kontext des Jahreskreises kann man Samhain als (nicht-astronomischen) Beginn der dunklen Jahreszeit betrachten. Übertragen auf einen menschlichen Lebenszyklus steht Samhain für eine Zeit, in der wir damit beginnen, uns nach innen zu orientieren. Zunehmende Kälte und kürzere Tage bewegen uns zum Drinnen bleiben.

Von keltisch orientierten Paganisten wird Samhain als das dritte und abschließende Erntefest (nach Lughnasadh und Mabon) aufgefasst. Gleichzeitig markiert es das keltische Neujahr und gilt als das bedeutendste Fest des Jahres. 2

Unser Samhain

An unserem Feuer begehen wir Samhain meist am 31.10. und als Übergang vom lebendigen Sommer in die dunkle Jahreszeit. Wir definieren Samhain als (a) Fest der Ernte und auch als (b) Ritual zum Übertritt in eine Zeit, in der wir uns mit unseren inneren Welten auseinandersetzen. Thematisch geht es uns

  • (a) um Wertschätzung. Wir nutzen Samhain zum Abschluss einer Ernte. Das heißt, wir führen uns nochmal den Reichtum und Ertrag der hellen Jahreszeit vor Augen und würdigen das Geschehene. Auf diese Weise ist es möglich, den Reiseproviant zu packen, von dem wir in der Winterzeit zehren können.
  • (b) um die persönliche Vorbereitung auf die Zeit der Innenschau: Wir konfrontieren uns mit unseren dunklen Flecken und all den düsteren Lebensthemen, auf die wir nicht so gerne schauen: Abschied, Trauer, Tod, etwas zurücklassen, ein Päckle, das wir mit uns tragen 3 usw.

Im (gem)einsamen Ritual greifen wir diese Themen auf:

  • Wofür bin ich dankbar, was ernte ich aus dem vergangenen Jahr?
  • Wovon möchte ich mich verabschieden?
  • Was lasse ich in der hellen Jahreszeit zurück, was lasse ich los?
  • Was nehme ich mit hinüber?
  • Womit werde ich mich in der dunklen Zeit auseinandersetzen (wollen/dürfen/sollen/müssen) ?

Geschichte

Samhain bezeichnet im irischen Kalender den mythologischen Winteranfang am 1. November. In vielen keltischen Sagen und Legenden spielt das Fest eine große Rolle: Im Volksglauben verschwimmt in der Samain-Nacht die Grenze zwischen dem Diesseits und dem Jenseits (keltisch: sìd ) und man hat für einige Stunden Zugang zum Reich der Geister.

Während man in den sozialen Medien häufig davon liest, dass es in der altirischen Gesellschaft ein magisches Fest der Druiden-Kaste war, geht die Forschung heute (anders als bei Beltaine) eher von einem Fest für das ganze Volk aus: Die Keltologen LE ROUX / GUYONVARC’H 4 deuten an, dass Samhain zwar den Übergang in die dunkle Jahreszeit markiere, man aber aufgrund verschiedener historischer Texte davon ausgehen könne, dass es auch als Fest der Freude begangen wurde. Der Charakter des Fests habe dabei vom sozialen Stande abgehangen: während das Bauern-Samhain eher düster charakterisiert gewesen sei, habe das Fest des Adels eine Nacht der Völlerei und Freude bedeutet.

Samain sei als Fest der „Rekapitulation des Sommers“ und zu Ehren des Gottes Lug in seiner Rolle als „Beschützer … der gesamten Gesellschaft“ 5 gefeiert worden.

Etymologischer Hinweis: Der Name „Samain“ steht im Kalender von Coligny für einen Monat, der ungefähr in die Zeit Oktober/ November fällt 6.
Die am weitesten verbreitete Theorie zur Wortherkunft ist, dass sich „Samain“ aus den altirischen Worten sam (= Sommer, Sommerwetter) und fuin (= Sonnenuntergang, sinken, Ende, Verstecken) zusammensetzt 7. Dass aus samfuin schließlich samain wurde, liege dabei an einer Lautverschiebung in der Sprachentwicklung 8. So wird im Gälischen das Wort „Samain“ bis heute phonetisch als [’savin‘] gesprochen 9).
Unsere Gruppe schreibt das Fest so: „Samhain„. Dies ist aber nichts anderes als sprachliche Aneignung: Das eingesetzte ‚-h‘ ergibt sich aus der intuitiven Aussprache im Deutschen: „Sam(h)ain“.

Kulturvergleich

Wie bei den anderen paganen Festen auch finden sich analoge Feste über die gesamte Welt verteilt. Auch wenn alle Feste sicherlich unterschiedliche Aufhänger und Ausgestaltungen haben, so ist es doch erstaunlich, dass es einen gemeinsamen, thematisch-zeitlichen Korridor zu geben scheint.

Bei Christen begeht man am 01.November das Allerheiligen-Fest, das „aller Heiligen“ gedenkt. Am nächsten Tag gibt es noch das „Allerseelen“, zu dem dann an alle anderen verstorbenen Gläubigen gedacht werden kann.
In den USA ist Halloween ebenfalls ein Fest rund um das Thema und wird in der Nacht auf den 01.11. begangen. Hier findet das Thema „Abschied und Loslassen“ Eingang in die Popkultur.

In Mexiko gibt es den sogenannten „Dia de los muertos“. Dieser geht zurück auf die Azteken, welche dem Tod positive Attribute zuschrieben. Auch die Christianisierung konnte diesem Fest nicht Garaus machen, so dass noch heute Mexikanische Familien ihren Totentag mit einem Picknick auf dem Friedhof begehen, um die Toten zu ehren. 10

Ritual-Ideen für Zuhause

Der düstere Charakter dieses Festes hat sich bis heute gehalten und lebt seit einigen Jahren in Form des amerikanischen Halloween auch in unseren Gefilden neu auf. In manchen Gegenden Deutschlands gibt es übrigens auch den einheimischen Brauch, „Rübengeister“ zu schnitzen, die ebenfalls mit einem Licht versehen und vors Haus gestellt werden.

1. Kürbis

Einen Kürbis zu schnitzen so wie es die Amerikaner machen, ist eine schöne Idee mit einem kontemplativen Charakter. Vom Entwurf bis zur Fertigstellung darf man sich von den Gedanken zum selbst gewählten Thema begleiten lassen. Darüber hinaus ist es eine schöne Vorstellung, dass ein vor die Tür gestellter, leuchtender Kürbis zu Samhain Geister anzieht, die man Willkommen heißt und Jene fern hält, die unerwünscht sind. Aber man darf auch nur einfach Spaß an der Freude haben.

2. Abschiedsritual

Wenn Samhain das Fest des Abschieds ist und Yule ein Fest der dunkelsten Stunde und des ersten Lichts, der Hoffnung, dann mag die Zeit dazwischen eine Phase sein, in der das Loslassen vollzogen wird. Wer Lust hat, dies mit einem rituellen Schritt einzuleiten, dem gefällt vielleicht folgende Idee:

  1. In Vorbereitung auf Samhain überlegt man sich ein Thema, das mit einem persönlichen Loslassen zu tun hat. Zum Beispiel kann dies ein Abschied von einer Person sein, der Wunsch, einen aktuellen „Spuk“ loszuwerden oder auch das Aufgeben einer persönlichen Verhaltensweise.
  2. Während man mit Gedanken bei dem Thema ist, erstellt man ein „Symbol“, das diesen Gedanken repräsentiert. Man kann beispielsweise einen kleinen Text verfassen oder etwas basteln, was die eigenen Gedanken repräsentiert (Es sollte sich halt gut verbrennen lassen). Auch eine Sigille ist denkbar.
  3. Beim gemeinsamen Samhain-Feuer wird das Symbol dann den Flammen zugeführt, wobei es einem frei steht, ob man den Anwesenden etwas dazu sagen möchte, oder nicht. Affirmation: Man kann nur etwas loslassen, das man vorher gehalten hat.

Affirmation: Man kann nur etwas loslassen, wenn man es zuvor festgehalten hat.

3. Briefe an die Verstorbenen

Alternativ zum Abschiedsritual lassen sich auch Worte an die Verstorben richten, die auf einen Zettel geschrieben und dem Feuer übergeben werden können.

Media

„So wie Beinverrenkung, So Blutverrenkung, so GliedVerrenkung. Bein zu Bein, Blut zu Blut, Glied zu Glied. Wie geleimt sollen sie sein.“
Fußnoten
  1. Die „Anderswelt ist ein mystischer Ort in der keltischen bzw. altirischen Mythologie.
  2. Anmerkung: Wenn man in seinem eigenen Paganismus das Prinzip des Zyklus verfolgt, dürfte einem die Sichtweise, Festzeitpunkte nach Anfang, Ende und Bedeutsamkeit zu clustern, nicht so eingängig sein.
  3. analog auch: Tolkiens „Ring als Bürde“ oder Christus‘ Kreuz
  4. Le Roux, Françoise, und Christian-J Guyonvarc’h: Les fêtes celtiques, 2015
  5. Le Roux, Françoise, und Christian-J Guyonvarc’h: Les fêtes celtiques, 2015. S.182
  6. vgl. Thurneysen, R. „DER KALENDER VON COLIGNY.“ Zcph 2, Nr. 1 (1899): 523–44. https://doi.org/10.1515/zcph.1899.2.1.523
  7. siehe dazu Royal Irish Academy. Electronic Dictionary of the Irish Language. http://www.dil.ie
  8. vgl. Le Roux, Françoise, und Christian-J Guyonvarc’h. Les fêtes celtiques, 2015. S. 195
  9. Bernhard Maier, Lexikon Der Keltischen Religion Und Kultur (Stuttgart: Kröner, 2019
  10. vgl. https://www.nationalgeographic.de/geschichte-und-kultur/2017/10/10-dinge-die-man-ueber-den-dia-de-muertos-wissen-sollte